Samstag, 29. September 2007

Kapitel III.2 Gaudeamus igitur

Es gibt nur wenige Universitäten außerhalb Deutschlands, die eine Verbindungstradition im eigentlichen Sinne vorweisen können. Tartu gehört dazu. Wenn der Leser dieser Zeilen nicht gerade ein Freund ausgedehnter Wanderungen

Der Ursprung der Verbindungsszene in Tartu kommt aus dem Jahr 1802, dem Jahr, in dem Zar Alexander I. von Russland die Universität Dorpat unter deutscher Leitung wieder eröffnen lies. Bis dahin mussten die Deutschbalten ihre Kinder zum Studium nach Deutschland schicken, mit Vorliebe in die Universitätsstädte Leipzig, Jena und Göttingen. Die dort zusammenkommenden jungen Balten lernten schnell die studentischen Verbindungen kennen und gründeten sogar eigene Landsmannschaften wie etwa 1763 in Jena geschehen. Als die Nachricht der wieder eröffneten Universität Dorpat die Studenten und ihre Familien erreichte, kamen viele zurück in die Heimat und brachten ihre Kenntnisse und Erfahrungen mit in die Region. Trotz des Drang des Autors die Geschichte der Korporationen breit und im Detail auszuführen und die Ergebnisse seiner Magisterarbeit aus dem Jahr 2003 zu diesem Thema zu erläutern soll dies nicht geschehen, aus Rücksicht auf die werten Leser. Erwähnt werden soll jedoch, dass ab den 1830er Jahren auch vermehrt Esten an der Universität zu studieren begannen und sich in die vor Ort bestehenden Landsmannschaften eingliederten. Erst in Folge der ersten russischen Revolution im Jahr 1905 gründeten die Esten ihre eigenen rein-nationalen Korporationen, die Fraternitas Estica (1907), die Vilensis und die Sakala (1911) nach deutschem Vorbild. Die älteste Estnische Verbindung, die heute noch besteht ist die Arminia Dorpatensis, die sich auf das Jahr 18XX zurückdatieren kann.

Die Verbindungen wurden im Jahr 1941 geschlossen und konnten erst nach dem erreichen der Unabhängigkeit 1991 wieder eröffnet werden. Die heutige Verbindungslandschaft in Tartu ist bunt gemischt, es besteht neben den estnischen Koporationen auch eine Finnische und die bereits erwähnt Arminia Dorpatensis, die sich dem deutschen Wingolfsbund, einem evangelisch geprägten nicht schlagenden Dachverband, angeschlossen hat.

Die Studenten und die von ihnen getragenen Verbindungen gehören heute zum Stadtbild wie der Rathausplatz und die Universität. In vielen Kneipen und auch an der Universität sieht man die bunten Farbendeckel mit einer Selbstverständlichkeit, die man aus Deutschland seit den 50er Jahren nicht mehr hat.

Der ausländische Student kommt nach Tartu und fühlt sich umsorgt und doch allein gelassen. Umsorgt durch die netten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Universität, speziell des Ausländerbüros. Allein gelassen jedoch in der Unterkunft. Denn nimmt man das Angebot der Universität an und wählt das Zimmer im Studentenwohnheim findet man sich in einem Neubau überhalb der Bibliothek wieder. Ein neue renovierter Betonbau mit gläserner Schiebetür, zu der man abends und nachts einen Schlüssel braucht. Auch für Lift und Treppenhaus wird dieser benötigt, aus Sicherheitsgründen wie man auf Anfrage erfährt. Das Problem welches anzumerken nicht unterlassen sein soll ist das fehlen der Klingeln, was bedeutet, dass spontaner Besuch ohne Anruf oder einen glücklichen Zufall nicht möglich ist. Der Autor erinnert sich gerne an sein Zimmer in eben diesem Wohnheim, wenn es auch ein großes Problem anzumerken gibt: Denn in dem dritten Stock, in dem der Autor eben auch sein Zimmer hatte, sucht selbst der findige Leser umsonst nach Esten – die leben nur in den beiden unteren Stockwerken des Hauses, in einem der anderen Studentenwohnheimen der Stadt oder bei ihren Eltern. Dieses im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die meisten ausländischen Gaststudenten in einem speziell für solche entwickelten Kurssystem, dem „Baltic Studies Program“ sitzen der Kontakt zu Estinnen und Esten eher selten und zufällig ist, wenn man sich nicht selbst um Anschluss bemüht.

Kapitel nicht vollständig!

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