Dienstag, 17. Juli 2007

Kapitel I - Tallinn: Allgemeines und Verschiedenes

Es ist wohl immer schwer, ein erstes Kapitel eines Buches zu beginnen. Normalerweise weiss man zwar womit, aber nicht wo man anfangen soll und verstrickt sich denn in immer längere Einleitungssätze und Einführungen mit länger werdenden Satzkonstruktionen, reiht Nebensatz an Nebensatz in der wagen Hoffnung, durch Zufall oder Eingebung irgendwann den Bogen zu jenem Punkt spannen zu können, zu dem man von Anfang an eigentlich gelangen wollte.

In diesem Fall aber steht der Autor vor der Schwierigkeit, womit er beginnen soll. Soll man erst über die Geschichte reden, also einen chronologischen Anfangspunkt wählen ? Oder soll man mit der Aktualität beginnen, der politischen Situation der Estnischen Republik zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts, also dem Beitritt zu Nato und EU, der Manifestierung der Westbindung den jeder Estnische Politiker seit 1991 konsequent und zielstrebig verfolgt hat ? Nach reiflicher Überlegung jedoch kommt der Verfasser zu der Entscheidung mit dem nahe liegenden zu beginnen und da weiter zu schreiben, wo er ganz am Anfang begonnen hat: Mit einer Beschreibung der Haupt- Regierungs- und Hansestadt Tallinn.

Wann Tallinn gegründet wurde entzieht sich der Erkenntnis des Verfassers und ist wohl auch nicht letztendlich geklärt. Sicher ist, dass an eben jener Stelle, auf dem heute der Domberg steht, eine Festung der hier siedelnden Finnuhrgischen Bewohner stand – von Pistohlkors nennt sie in seiner umfangreichen Abhandlung Lyndanise. Im Jahre 1219 schließlich wurde die diese – mittlerweile leer stehende Festung vom dänischen König Valdemar II. zerstört und eine neue Feste gebaut. Der Grund für diesen Feldzug, wenn man in diesen Zeiten überhaupt einen triftigen Grund für eine Krieg brauchte, waren aller Wahrscheinlichkeit nach die Verhandlungen zwischen Bischof Adalbert von Bremen, dem Gründer von Riga 1201, und dem dänischen König über einen Gemeinsamen Kampf gegen die heidnischen Esten. Diese Eroberung ist auch deswegen erwähnenswert, da der Legende nach während der Schlacht bei Fellin gegen revoltierende Esten dem dänischen König eine Flagge vom Himmel zu seinen Füßen flog – und der König unter dieser Flagge die Schlacht gewinnen konnte. Diese Flagge, rot mit weißem Längskreuz, bis heute das Banner Dänemarks geblieben, ist uns heute als Danebrog bekannt. Eine Geschichte, die ebenso in das Reich der Legende gehört wie jene, die von Kaiser Konstantin von Byzanz erzählt, dem am Abend vor der entscheidenden Schlacht an der Brücke von Milvian 312 im Traum das Kreuz erschein mit dem Satz „In diesem Zeichen siege“. Und Konstantin wählte das Kreuz als Symbol seiner Streitmacht und Gewann. Doch nicht desto trotz, eine kleine Auswirkung dieser Belagerung und Erstürmung reicht bei heute nach. Und dabei geht es nicht um die Tatsache, dass noch heute der Danebrog die Nationalflagge Dänemarks und diese auch im Stadtwappen Tallinns abgebildet ist. Es soll vielmehr an dieser Stelle den der estnischen Sprache nicht mächtigen Lesern (und davon dürfte es viele geben) die Etymologie des Namens Tallinn erläutert werden. Der Name der Stadt setzt sich zusammen aus den estnischen Worten Taani und Linn, übersetzt hieße dies „Dänisch“ und „Stadt“, sprich „Dänische Stadt“.

Die weitere Geschichte der Region des heutigen Estlands ist nicht einfach zu beschreiben, kämpften doch Esten und Deutsche, Dänen und Russen gegeneinander, gab es Interventionen seitens des Papstes und Ereignisse außerhalb der Region, die jedoch entscheidenden Einfluss auf unsere hier beschriebene Geschichte nehmen. Fakt jedoch ist, dass nach der Niederlage des Dänischen Königs in Bornhöved in Schleswig Holstein im Jahre 1227 gegen norddeutsche Fürsten das Königreich Dänemark die von Deutschen Truppen belagerte Burg Reval auf- und übergeben musste. Bischof Adalbert jedoch konnte sich nur kurze Zeit an der Eroberung freuen: Zwei Jahre später verstarb er und wurde in der Marienkirche zu Riga beigesetzt. Der Schwertbrüderorden sorgte dann ab dem Jahre 1230 für die Ansiedlung deutscher Kaufleute und damit für die Gründung der Deutschen Stadt Reval.

Jedoch soll der interessanten Geschichte jener Region in den folgenden Jahren und Jahrhunderten in einem anderen Kapitel mehr Zeit gewidmet sein. Wenden wir uns wieder zurück zum Thema dieses Kapitels, der Stadt Tallinn.

Die Deutschen nannten die Stadt, die Hauptthema dieses Kapitels sein soll, bis ins Jahre 1918 Reval, und noch heute hört man in Deutschbaltischen Kreisen diesen Namen. Eine überzeugende etymologische Erklärung für diesen Namen kann der Autor nicht geben, allerdings mal wieder eine Legende, die immerhin mit einem Stadtpark in Tallinn untermauert werden kann: Ein Reh, dass vor dem Wall der Festung des Dombergs gesehen wurde soll Namenspatron der Hansestadt geworden sein, das Reh vor dem Wall hat, so erzählt man sich, die Frau eines Stadtherrens so entzückt, dass der Name schließlich übernommen wurde. Diese Erzählung ist in der Altstadt Tallinns in Form eines Parks dargestellt, ein Pflichtpunkt jedes Stadtrundgangs durch die Altstadt, zu dem später noch kurz Bericht erstattet werden soll.

Kommen wir nun jedoch zum eigentlichen, zur Altstadt der estnischen Hauptstadt, die wir im Folgenden gesonderte Aufmerksamkeit schenken wollen.

Keine Kommentare: